Die erste Berührung mit dem Thema Ökologie bekam ich auf dem vierwöchigen amerikanischen Salzburgseminar im Jahr 1972. Bald danach war ich als Mitglied in der „Gruppe Ökologie unter Konrad Lorenz" zuständig für die Stadtökologie. 1979 konnte das mit dieser Gruppe entwickelte Stadtökologische Manifest veröffentlicht werden. Zwischenzeitlich gewann ich den ersten Preis in einem Architekturwettbewerb für ein Kinderdorf für Bruckberg in Mittelfranken, das nach den Kriterien des Stadtökologischen Manifests entwickelt wurde. Das Projekt wurde nur teilweise realisiert.
Dieses Manifest wurde Grundlage aller meiner ökologischen Siedlungsplanungen. 1979 war Ökologie noch ein ganzheitlicher Begriff und bezeichnete nicht nur wie heute die reine Ökotechnik. Deshalb befasst sich die erste These nicht mit ökotechnischen Kriterien sondern mit dem Prinzip der Nachbarschaft, mit der Gemeinschaftlichkeit und mit kommunikativer Ortsplanung.
Auch die weitere Idee, die meine Siedlungen von allen anderen Siedlungen unterscheidet, nämlich der Wunsch eines einsichtgeschützen Wohngartens für jedes Haus ist auch schon damals formuliert worden. In 12 Thesen werden alle Kriterien der Ortsplanung von Verkehr über das soziale Konzept bis hin zu seelisch geistigen Kriterien angesprochen. Das Poster 60/84 cm wurde vom Bund Naturschutz verbreitet.
Ende der 90er Jahre spielte die Agenda 21 in den Bayerischen Gemeinden eine große Rolle. Ich arbeitete im Landkreisarbeitskeis mit. Es zeigte sich, dass die Agenda 21 mit dem Stadtökologischen manifest sehr gut kompatibel war. Dadurch verfestigten sich die Kriterien für die ökologischen Siedlungsplanungen. Im folgenden Artikel wird der Stand der Kriterien zusammen gefasst.
Da die Ökosiedlung Bamberg auf dieser Webseite ein eigenes Kapitel füllt und da ich über eine eigene Webseite www.oekosiedlung-bamberg.de verfüge, wird diese Siedlung hier nur als Vermerk und mit einigen Bildern der Ursprungsplanung dargestellt.
Hier also Luftbild BambergDie erste Planung für Bamberg erfolgte auf einem anderen Grundstück als dem endgültigen. Dieses erste Grundstück war als Südhang für eine Ökosiedlung ideal. Als der Plan fertig war und der Stadt zur Genehmigung vorgelegt wurde, regte sich im Stadtrat Widerstand. Angeblich wollte des Stadtrat das schöne Südhanggrundstück für Stadträte und ausgewählte Personen reservieren. Die Planung wurde also abgelehnt und die Planung auf dem Grundstück verweigert. (Siehe Plan unten)
Stattdessen wurde uns ein anderes Grundstück angeboten, und zwar ein Nordhang. Das war so ungünstig für eine Ökosiedlung, dass fast sämtliche bisherigen Interessenten der Siedlergruppe absprangen. Sie glaubten ohnehin nicht mehr an eine Realisierung und wollten sich in der Altstadt Bamberg oder in Dorfkernen der Umgebung nach Immobilien umsehen, wobei sie alle sagten, dass ein üblicher neuer Bebauungsplan für sie nicht in Frage käme.
Wir berieten lange und entschieden uns, zunächst eine Planung auch auf dem schlechteren Grundstück zu versuchen. Der Plan war 1983 fertig. Wir kamen damit sofort in das bayerische Fernsehen. Wir mussten allerdings neue Interessenten werben und fertigten dazu drei möglichst naturnahe Modelle im Maßstab 1:200. Damit gingen wir auf der Fußgängerzone in Bamberg und an mehreren Orten in Bayern auf Werbetour. Wir fanden tatsächlich neue engagierte Interessenten und wendeten uns erneut an die Stadt. Diese wollte keine Ökosiedlung und machte uns deshalb die Auflage, es müssten alle Grundstücke von Interessenten verbindlich belegt sein. Bei 30 Parzellen war das nicht so einfach. Das Land war gerade in einer Baukrise, so dass schließlich die Stadt unseren Wünschen trotz der nur teilweisen Belegung zustimmte.
Noch im gleichen Jahr bewarben wir uns im Wettbewerb Familienwohnung und Familienheim des Bundesbauministeriums und konnten da auch einen Preis gewinnen. Das gab uns neuen Schwung und auch die Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg waren. Damit konnte dann auch das neue Projekt, realisiert werden. Die ersten Häuser wurden noch im Jahr 1986 bezogen.
Bilder von dieser Siedlung befinden sich auf dieser Webseite: www.oekosiedlung-bamberg.de .
Hier also die erste nicht realisierte Ursprungsplanung. Dieses Bild wurde auch auf einem Poster 60x84 cm vom Bund Naturschutz Bayern zusammen mit dem Stadtökologischen Manifest veröffentlicht und verbreitet.Durch die folgenden Planausschnitte soll nochmals auf die Grundprinzipien einer ganzheitlichen öko-sozialen Siedlung hingewiesen werden. So gibt es in jeder dieser Siedlungen einen Gemeinschaftsplatz. In diesem Fall wurden wegen der Größe mehrere Plätze geplant. Wichtig ist natürlich, dass all diese Plätze ebenso wie die Gassen im Prinzip autofrei sind, wobei man allerdings zur Belieferung an jede Haustüre mit dem Auto fahren kann. Die Plätze haben alle einen unterschiedlichen Charakter. Der Hauptplatz ist sehr ruhig gehalten. Der folgende Platz kann als Bewegungsplatz bezeichnet werden.
Bild HauptplatzDas ergibt sich durch den großen Höhenunterschied. Es wurde eine sehr repräsentative Freitreppe geplant und zur Behindertengerechte Verbindung wurden lange Rampen eingefügt. Das Spiel zwischen Rampen und Treppen ergibt die besondere Charakteristik.
Bild VerbindungsplatzDer nächste Platz ist ein kleiner Platz, eine Art Torplatz, welchen den Eingang des Hauptfußweges vom Tal zum Wald markiert. Das links obere Haus erhält einen kleinen privaten Vorplatz zusätzlich zu dem eigenen Wohngarten im Norden des Hauses. Wohngärten im Norden eines Einfamilienhauses sind zwar ungewöhnlich, sie haben sich aber in der realisierten Ökosiedlung in Bamberg bestens bewährt.
Bild OstplatzDas nächste Bild zeigt eine übliche Wohnsituation. Hier werden die beiden grundsätzlichen Seiten des Hauses sichtbar, nämlich die öffentliche Gemeinschaftsseite auf der Nordseite und die private Wohnseite im Süden mit dem einsichtsgeschützten Wohngarten. Außerdem sieht man die große mögliche Gestaltungsbreite der Häuser. Trotz einer strengen Gestaltsatzung gibt es hier sehr viel mehr Gestaltungsfreiheit als in Normalsiedlungen.
Bild WohnsituationWenn irgend möglich, nämlich wenn die Siedlung groß genug ist und einen Gemeinschaftsbau verträgt, versuche ich einen gemeinschaftlichen Innengarten zu planen. Hier können sich kleine Gemeinschaften treffen, symbolisch stellt dieser Innengarten aber auch die Innenorientierung der Nachbarschaft dar. Deshalb sollte dieser Innengarten auch stets in der geometrischen Mitte der Siedlung liegen. Bei der realisierten Siedlung in Bamberg war diese Idee auch vorgesehen. Im Augenblick wird der Innengarten aber nur von den Bewohnern der Altenwohnungen genutzt.
Bild GemeinschaftsinnengartenNach der erfolgreichen Siedlung in Bamberg glaubten wir, dass nach diesem Vorbild in vielen Regionen und Städten Siedlungen gebaut würden. Da täuschten wir uns aber sehr. Das Interesse am ökologischen Bauen reduzierte sich in der Bevölkerung seit 1985 laufend. Wir erlebten hier eine Enttäuschung in Lichtenfels, Oberfranken.
Dort entstand eine Interessentengruppe, die nach dem Vorbild Bamberg ebenfalls eine Ökosiedlung haben wollten. Die Gruppe fand genügend Beteiligte und konnte die Stadt überzeugen, eine solche Siedlung auf einem städtischen Grundstück zu planen. Der entstandene Plan gefiel 1994 sowohl der Gruppe als auch der Stadt, so dass im Stadtrat ein einstimmiger Beschluss zustande kam.
Wir haben aber nicht mit der Bildzeitung und anderen populären Medien gerechnet. Diese hatten in der Zwischenzeit die Ökoszene nicht nur als Bedrohung des Wohlstandes dargestellt, sondern die Ökosiedler als schmutzige und aussätzige Unterschicht geschildert. Die Ortsteilbewohner des vorgesehenen Stadtortes, eine Arbeitersiedlung, gründeten eine Bürgerinitiative gegen die Siedlungsplanung. Sie behaupteten, ihre Immobilien würden wertlos werden, wenn in ihrer Nähe eine ökologische Siedlung entstünde. Die Tatsache, dass in der Ökosiedlung Bamberg praktisch nur beamtete Akademiker die Bewohner waren, drang nicht bis zur Initiative vor, da der Einfluss der rechtsorientierten Medien viel größer war als die Betrachtung der Wirklichkeit.
Der Stadtrat ließ das Projekt sofort fallen. Für uns ergab sich der Entschluss, fortan nicht mehr von Ökosiedlung zu reden sondern von Landschaftssiedlung. Wir waren um die Erkenntnis reicher geworden, dass rechtorientierte Medien auf die Normalbevölkerung einen wesentlich größeren Einfluss haben als die Beobachtung realistischer Vorgänge in einer Nachbarstadt. Im übrigen sind an dieser Atmosphäre auch die vielen Ökoprojekte in Bayern gescheitert. In vielen Städten gab es Ökosiedlungsinitiativen. Außer der Initiative in Bamberg hat kaum eine die Realisierung geschafft. Die Politiker haben sich an allen Orten nach der Stimmung in der Bevölkerung gerichtet. So konnten auch von den 20 Ökosiedlungen, die ich nach dem Leitbild des Stadtökologischen Manifest geplant habe, sich nur wenige Projekte bis zur Realisierung durchsetzen.
Hier der Plan für Lichtenfels. Er zeigte einen schönen Marktplatz an dessen Nordseite ein größeres Geschossgebäude vorgesehen war. Die Erschließungswege waren wie in Bamberg Fu0wege, die für Anlieferung befahrbar waren. Auch gab es in unmittelbarer Nachbarschaft einen schönen Naturraum.
Plan LichtenfelsIn Postbauer Heng hatte ich einen Wettbewerb für einen Kirchenneubau gewonnen. So kam ich 1994 mit der Gemeinde in das Gespräch und konnte einen Vorschlag für eine Landschaftssiedlung machen. Diese Gemeinde war traditionell kein Wohnstandort für Angehörige höherer Berufe. Das hatte zur Folge, dass der Plan nicht einmal die Hürde des Gemeinderates schaffte. Hier der Plan.
Plan Postbauer Heng1996 fertigte ich für die Stadt Bonn einen Plan, der sowohl stadtbaukünstlerisch anspruchsvoll war als auch energieautark geplant war. Die Initiative, welche die Planung in Auftrag gab, bekam von der Stadt die Chance, ihren Plan zu verwirklichen. Sie zögerte jedoch mit der Befürchtung, dass das Projekt einerseits nicht genügend Interessenten finden würde, andererseits war eine energieautarke Siedlung zu dieser Zeit noch kaum wirtschaftlich. Schließlich zog die Initiative Ihr Angebot zurück. Hier der Plan.
Plan Bonn(Fortsetzung über beide Spalten)
Viele Bauherrn wollen ökologisch bauen. In den letzten Jahren wurden Hunderte ja Tausende von Ökohäusern gebaut, welche auch konsequent wohngesund ausgeführt wurden. Es gab im letzten Jahrzehnt fast einen Ökohaus-Boom. Die Firmen, die solche Häuser anboten, schossen fast wie Pilze aus dem Boden. Im Augenblick ist es ruhiger geworden. Das hat mit der Wirtschaftslage zu tun.
Bei all diesem Bauboom wurde allerding fast nie berücksichtigt, dass ein Haus, auch wenn es ökologisch gebaut wird, erst zum Ökohaus wird, wenn es im Verbund mit anderen Ökohäusern steht. Dies gilt jedenfalls, wenn man es an dem hier beschriebenen Leitbild misst. Dazu muss man erst einmal in das Gedächtnis zurückrufen, was die Agenda eigentlich sagt. Die meisten Menschen haben von diesen Leitlinien gehört, aber es blieb nur ein Teil hängen. Offensichtlich glauben viele, die Agenda 21 handele nur von technischer Ökologie. Das aber ist nicht der Fall. Die Agenda 21 ist ganzheitlich angelegt. Sie befasst sich mit dem ganzen Leben, weil nur bei einem solchen Ansatz ein nachhaltiges Ergebnis erzielt wird.
Soziales / \ / • \ / \ Wirtschaft---Ökologie
Da besonders der Begriff „Soziales“ sehr ungenau und wenig bildlich ist, sollte man in den Originaltext hineinschauen, in dem das Wort sozial gar nicht vorkommt. Die erste Leitthese, die mit dem Begriff „Soziales“ gemeint ist, lautet so: „Zukunftsbeständigkeit des Gemeinwesens: Konsens über Grundwerte, gesunde Lebensbedingungen und Verteilungsgerechtigkeit...“
Da geht es um das Gemeinwesen. Was hat ein konventionelles Ökohaus mit dem Gemeinwesen zu tun? Jeder plant nach seinen individuellen Wünschen. Der Blick auf Gemeinschaft und Nachbarschaft ist gar nicht vorhanden. Der einzelne Bauherr sieht in unserer individualistischen Zeit meist nur sich selbst und sein Haus. Aber selbst wenn er eine große Erwartung an seine soziale und räumliche Umwelt hätte, wüsste er im Normalfall gar nicht, wo er so etwas finden könnte. Denn zu einem Gemeinwesen gehören mehrere Haushalte mit ähnlichen Wertvorstellungen.
Bei einem Ökohaus kann der Gemeinwesenaspekt der Agenda 21 nur verwirklicht werden, wenn mehrere Ökohäuser zu einer kleinen oder größeren sozialen Einheit in Beziehung zueinander gebracht werden. Dadurch entsteht dann in vielerlei Hinsicht eine völlig andere Möglichkeit, die Agendaziele zu verwirklichen. Es kann von Anfang an der nachbarschaftliche Aspekt angegangen werden, in dem sich ähnlich Gesinnte zusammenfinden und über räumliche Beziehungen sprechen. Am besten funktioniert das, wenn eine Kerngruppe schon vor der Aufstellung des Bebauungsplanes am gemeinsamen Projekt mitarbeitet. Das hat bei der Ökosiedlung in Bamberg bestens funktioniert. Dort haben sich die Bauinteressenten zuerst auf das Leitbild des Stadtökologischen Manifests, das im Wesentlichen mit der Agenda 21 identisch ist, festgelegt. Dann ging die Grundstückssuche an. Eigene Bebauungspläne für solche Grundstücke haben nach etlichen Rückschlägen schließlich zum Erfolg geführt. Parallel wurden weitere Partner für die Interessengruppe gesucht und angeworben. Dann beschloss die Siedlergruppe eine Vereinssatzung und eine privatrechtliche Gestaltsatzung. Diese Gruppe nahm auch die Planung, Finanzierung und den Bau der Gemeinschaftsgebäude in die Hand. Die Freiflächenplanung und die privatrechtlichen Genehmigungsverfahren wurden durchgeführt. Und schließlich nach Fertigstellung der Siedlung sorgt der Verein für die Kommunikation und die Belegung des Gemeinschaftsraumes.
Nachbarschaftlichkeit steht nicht etwa gegen die Individualität sondern ganz im Gegenteil soll die einzelne Persönlichkeit durch die Gemeinschaft gestärkt werden. In einer Zeit, in der viele Menschen beruflich unter sozialem Stress stehen, gelingt dies nur, wenn sich der einzelne vor der Gemeinschaft in einen hochwertigen privaten Bereich zurückziehen kann. Hier wird er dann wieder die Kraft aufbauen, um auf den Mitmenschen zuzugehen.
Aus diesem Grund wird in den ganzheitlichen Landschaftssiedlungen jedem Einfamilienhaus ein einsichtsgeschützter Garten als Wohnzimmer im Freien zugeordnet. Es genügt nicht, die Vorhänge im eigenen Haus zuziehen zu können. Denn zu einem hochwertigen individuellen Bereich gehört der Wohngarten, der ähnlich wie die Wohnung der sozialen Kontrolle entzogen sein soll. Hier kann dann der einzelne unüblichen Tätigkeiten nachgehen oder sich auch in Zeiten, die nicht als Urlaubs- oder Wochenendphasen angesehen werden, wie im Urlaub benehmen. Oder er kann in seinem Garten Parties feiern, ohne dass anschließend die beteiligten Personen der Nachbarschaft Gesprächsstoff liefern. Wenn der Hausbesitzer diesen Garten verwildern lässt oder ihn ungewöhnlich gestaltet ist das ganz seine Sache. Der nachbarliche Stress den Garten immer perfekt in Ordnung zu halten, fällt jedenfalls weg. Dieser einsichtsgeschützte Garten kann durch Nebengebäude bereichert werden, denn der Wohnwert eines solchen Gartens hängt weitgehend von solchen Nebengebäuden ab. Wohnqualitäten dieser Art können in konventionellen Siedlungen praktisch nicht angeboten werden. Denn hier sind es nicht nur die Blicke der Nachbarn und Passanten, die den Garten zum öffentlichen Raum machen, sondern unsere konventionellen Nachbarschaftsregelungen können dazu führen, dass der eigene Garten durch Bäume und angrenzende Häuser zu einem Schattenloch gemacht werden. Das widerspricht der Agenda 21, welche die gesunden Lebensbedingungen an den Anfang ihrer Ziele gesetzt hat.
Nach den Beschreibungen von Gemeinschaftlichkeit und Individualität kann der Eindruck entstehen, dass solche Lebensräume nur für Wohlhabende möglich sind. Das Gegenteil ist der Fall. Die Agenda nennt gleich am Anfang des Ziel „Verteilungsgerechtigkeit“. Und in der Tat sind Wohnungen in ganzheitlichen Agenda 21 Siedlungen kostengünstiger als in konventionellen. Ein entscheidendes Plus liegt im flächensparsamen Bauen. Denn man kann die hier geschilderten Qualitäten mit durchschnittlich halb so großen Grundstücken wie in konventionellen Siedlungen erhalten. Mit 200 qm Nettogrundstücksgröße wäre das möglich, auch wenn sich in der Praxis ein Durchschnitt von 350 qm eingestellt hat. Das ist aber immer noch wesentlich weniger als im üblichen Wohnungsbau weit und breit, bei dem die Grundstücke zwischen 500 und 900 qm liegen. Die knapperen Grundstücksgrößen reduzieren auch die Erschließungskosten und ermöglichen Nahwärmeversorgung.
Die Gemeinschaftlichkeit kann auch dazu führen, dass trotz individueller Planung gemeinsame Bauvergaben stattfinden. Bei Eigenleistung kann es gegenseitigen Rat und Hilfe geben bis dahin, dass die Gemeinschaft eine Gemeinschaftswerkstatt einrichtet. Das System der Agenda-21-Siedlungen ist als nachhaltig soziale Wohnform gedacht, bei der zusätzliche Kosteneinsparungen durch die soziale Vernetzung, durch das Freizeitverhalten und durch Kommunikation sowie gemeinschaftliches Handeln gegeben sein können. All diese Vorteile sind durch ein ökologisches Einzelhaus in einer konventionellen Siedlung nicht gegeben.
Selbstverständlich sollen die einzelnen Häuser in einer Agenda 21 Siedlung ökologisch und wohngesund gebaut werden. Durch das Gesamtkonzept gibt es aber Aspekte, die mit einem isolierten Einzelhaus nicht verwirklicht werden können. Da gibt es z. B. den Aspekt einer Zertifizierung als städtebauliche Solarsiedlung. In Velburg wurde eine solche Zertifizierung durchgeführt - immerhin finanziert vom Bayerischen Staat. Das Ergebnis war eine „Sehr gute Solarsiedlung“ mit der Feststellung, dass die städtebauliche Solarqualität gegenüber der DIN um mehr als 500% übererfüllt ist. Konventionelle Siedlungen kommen auf einen wesentlich niedrigeren Wert, da hier die Beschattung durch Nachbarhäuser, durch fehlende Südausrichtung, durch Nachbarbäume und Straßenbäume in aller Regel nicht beachtet wird.
Ein weiterer Vorteil einer nachbarschaftlichen Siedlung ist die Einrichtung einer Nahwärmeversorgung. In Velburg ist diese mit einer Null-Bilanz für fossile Energie ausgeführt.. Hier wird eine innovative Technologie gebündelt, was im Einzelhaus nicht möglich wäre.
Zum Thema Wohngesundheit gehört auch die Möglichkeit, einen großen Teil des Wohnens und auch des Schlafens in den Wohngarten zu verlegen. Das beste Ökohaus entgeht immer weniger dem Elektrostress, denn wer kann heute ohne eine elektrifizierte Küche, ohne Computer, Musikanlagen, Fernseher und Telefonsysteme auskommen. Die stressfreieste Atmosphäre herrscht da immer noch im Freien. Aber im Freien kann man nur wohnen, wenn der Hausgrundriss darauf eingerichtet ist, wenn der Wohngarten geschützt ist und wenn geeignete Nebengebäude zur Verfügung stehen. Dann aber erlaubt auch unser Klima viele Zeiten des Lebens im Freien. Essen, Arbeiten, Spielen, Gartenarbeiten, Ruhen, Feiern - das alles kann gelegentlich auch in der kälteren Jahreszeit im Freien stattfinden. Da heute kaum mehr Berufstätigkeiten im Freien durchgeführt werden, ist der Ausgleich in der Freizeit besonders wichtig.
Dazu gibt es dann im Freiraum einer Agenda 21 Siedlung weitere Möglichkeiten. Denn zu diesem Konzept gehört z. B. der sogenannte Gärtengürtel, der einerseits als öffentliches Gliederungsgrün dient, in dem andererseits diejenigen, die im relativ kleinen Wohngarten zu wenig dem Hobbygärtnern nachgehen können, zusätzliche Gartenflächen günstig anpachten können. Attraktive Spazierwege im näheren Wohnumfeld und Sportmöglichkeiten erweitern noch die Bewegungsmöglichkeiten. In Bamberg haben sich diese Pachtgärten als guter Kommunikationsort heraus gestellt. Diese Gärten haben nur insgesamt eine Umfriedung, besitzen wegen der Nähe zum Wohnhaus keine Hütten und die einzelnen Pachtflächen sind nur durch Wege voneinander getrennt. Solche Gärten sind auch für fremde Besucher zugänglich und interessant.
Zum Thema Gesundheit gehört auch der Vorteil, dass die Kinder und Jugendlichen auf allen öffentlichen Flächen ungefährdet spielen können. Denn im Innenbereich der Siedlung sind diese weitgehend autoverkehrsfrei. Man kann zwar im Bedarfsfalle an jede Haustüre heranfahren, aber da Garagen und Parkplätze an den Außenrand verlegt sind, wirkt die Innenzone als Fußgängerzone. Das reduziert natürlich auch Schadstoffe und Lärm. Auch hier muss wieder der Unterschied zu konventionellen Siedlungen angemerkt werden.
Werfen wir gleich noch einen Blick auf das Verkehrssystem. Der Verkehr wird außen an die Siedlung herangeführt. Der Hauptplatz, die Nebenplätze und Gassen bleiben weitgehend dem Fußgänger und den spielenden Kindern vorbehalten. So haben nur die Randhäuser die Garage und die Parkplätze direkt vor der Haustüre. Wer weiter im Inneren der Siedlung wohnt, hat also meistens einen kleinen Fußweg zurückzulegen, es sei denn, er muss gerade einmal etwas direkt an die Haustüre transportieren. Der Nachteil des kleinen Fußweges wird kompensiert durch den Vorteil der Verkehrsruhe vor dem Haus. Durch diese Konstellation wird vielleicht manches Verkehrsbedürfnis zu Fuß oder mit dem Rad erledigt, wozu sonst das Auto benützt würde.
In konventionellen Siedlungen braucht eine Familie meist zwei Autos. Das dürfte auch auf die meisten Bewohnern von bisherigen Ökohäusern zutreffen, denn dort könnten die notwendigen Verkehrsbedürfnisse anders nicht erfüllt werden. Das ist im Grunde genommen ein sehr unökologisches System. Es ist auch unsozial, denn alle diejenigen, die aus Alters- oder Gesundheitsgründen nicht Auto fahren können, sind entweder auf die Hilfe von Angehörigen angewiesen oder ziemlich unmobil. Eine Verbesserung kann hier nur ein Zusammenschluss bringen, der im Konzept einer Nachbarschafts-Siedlung liegt. Durch Leihdienste kann das Zweitauto, vielleicht sogar das Erstauto eingespart werden und durch intern angebotene Fahrdienste können die Nichtautofahrer mit der Außenwelt verbunden werden. Außerdem kann eine Siedlung, in der viele aus ökologischen Gründen bereit sind ,Autofahrten einzuschränken, leichter eine Anschlussstelle für den öffentlichen Nahverkehr erlangen.
Das ist ein weiterer Gemeinwesenaspekt. Soziale Vernetzung macht nicht nur das Leben in Not- und Krankheitsfällen menschlicher, sondern es gibt viele kleine Hilfen, welche die Lebensqualität erhöhen: Einkaufshilfen, Schulnachhilfe, wechselseitige Aufsicht für Kinder, wenn die Eltern einmal frei haben wollen, handwerkliche Hilfe, Computerberatung, gemeinsame Gymnastik, wechselseitige Information als Lebenshilfe etc. Gerade wenn im Konzept das Wohnen Jung und Alt enthalten ist, kann die Vernetzung für alle Beteiligten sehr hilfreich sein. In einer Siedlung, in der sich der einzelne Bewohner hinter Hecken einigelt, wird die nachbarschaftliche Kommunikation zur Ausnahme.
Mischung Wohnen und Arbeiten, Alt und Jung. Die reinen Wohngebiete sind praktisch seit hundert Jahren die normale Wohnumwelt. Das hat zu sehr eintönigen Strukturen geführt. Es konnte auch nicht für jede Hauslage eine bestmögliche Funktion gefunden werden. Denn beispielsweise in der Nähe von Verkehr sind Arbeitsstätten noch sinnvoll, während dort Wohnungen einer starken Beeinträchtigung ausgesetzt würden. Oder an größeren verkehrsfreien Plätzen sind Geschosswohnungen und Gemeinschaftsgebäude günstiger als Einfamilienhäuser. Einrichtungen für Grundversorgung oder Anbindung an den öffentlichen Verkehr haben unterschiedliche Bedingungen. Durch die Mischung von Funktionen, die sich nicht stören dürfen, entsteht Abwechslung und man kann auch durch unterschiedlichen Nutzung und Dichte gestalterisch Spannung erzeugen. Durch differenzierte Nutzungen kann so ein besonders flächensparendes System entstehen, was dann dem Naturschutz und der Wirtschaftlichkeit zu gute kommt.
Eine zukunftsfähige Wirtschaft ist eines der drei Hauptziele der Agenda 21. Der Wirtschaft mag es gleichgültig sein, wo sie ihre Häuser baut. Aber je mehr sich die Vorteile von Landschaftssiedlungen herumsprechen, wird der eine oder andere Interessent, der in einer konventionellen Siedlung wohnt, den Entschluss fassen, in eine neue Siedlung zu ziehen. Immer, wenn große neue Leitvorstellungen in einer Gesellschaft sich durchzusetzen beginnen, entsteht ein neuer Bauschub. Denn viele wollen sich dann an der neuen Idee beteiligen. Vielleicht werden dann auch einige überholte Baubereiche rückgebaut. Es gilt das Sprichwort: „Wer nicht mehr baut, stirbt“. In einer Gesellschaft mit einem neuen Lebensimpuls werden dann viele neue Baubedürfnisse entstehen. Darin liegt die Chance für die Wirtschaft. Denn jede Veränderung zieht Bauaufgaben nach sich. Deshalb wäre die Politik und die Wirtschaft gut beraten, wenn sie das Bauen nach den neuen Ideen der Agenda 21 mit allen Mitteln fördern würden.
Es wäre sinnvoll, das gesamte Agenda 21 Baukonzept einer Langzeitstudie zu unterziehen. Es könnte dabei heraus kommen, dass das Wohnen in einer solchen ganzheitlichen Siedlung sowohl für den einzelnen als auch für die Gesellschaft am Wirtschaftlichsten wäre. Gestärkte Selbstregulierungsprozesse entlasten die Kommunen und Sozialsysteme. Wenn die Sozialisation vom Kleinkind bis zu den Senioren besser funktioniert, wird es weniger Randprobleme geben. Unsere veränderten Familienstrukturen können das, was früher die Großfamilien, Sippen und Nachbarschaften an Sozialisation leisteten, nicht mehr erbringen. Deshalb müsste eine neue Struktur der kleinen sozialen Einheit gefördert werden. Wer auch gesellschaftlich ökologisch denkt, wird als Bauherr einen Bauort wählen, der für ihn und die Gesellschaft nachhaltig wirtschaftlich ist.
Als während der Planungsphase der Ökosiedlung Bamberg ein Genehmigungshinderniss auftauchte, erklärten alle Interessenten gleichermaßen, dass sie in keine konventionelle Siedlung einziehen würden, wenn das Projekt scheiterte. Sie brachten zum Ausdruck, dass ihnen die Schönheit und Harmonie des gesamten Wohnumfeldes ebenso wichtig ist wie das Aussehen ihres eigenen Hauses. Schließlich würden sie beim Hinausblicken aus dem Fenster, und beim Verlassen des Hauses immer die Nachbarhäuser sehen. Außerdem würden sie sich mit Ihrem sozialen und räumlichen Umfeld identifizieren wollen. Das aber ist in konventionellen Siedlungen, in denen je nach Zufall auch der schlechteste Geschmack zur Geltung kommen könne, nicht möglich. Die Erfahrung zeigt ja auch, dass sich hier oft Hässlichkeit neben Hässlichkeit reiht. Also wollten sie schon an der Erarbeitung eines gemeinsamen Gestaltkonzeptes festhalten.
Da die Planung so angelegt war, dass jeder Bauherr mit dem Architekten seiner Wahl individuell plant und auch große individuelle Freiheiten haben sollte, war es nötig, einen Weg zu finden, der Hässlichkeiten ausschließt und trotz großer individueller Vielfalt zu einer gemeinsamen harmonischen Linie führt. Dazu wurde eine privatrechtliche Gestaltsatzung erarbeitet, welche dann auch ein privates Genehmigungssystem notwendig machte. Von allen Besuchern, Fachleuten wie Laien, wird bestätigt, dass das Ziel erreicht wurde. Es gibt keine zwei gleichen Häuser. Alle Details sind verschieden. Jeder hat eine speziell gestaltete vom Schreiner gefertigte Haustüre. Die Vorgärten und Innengärten sind verschieden. Und dennoch wirkt das Ganze wie ein Ensemble, vergleichbar mit einem schönen alten Dorf- oder Stadtkern.
So etwas lässt sich nur in einer gemeinschaftlichen Siedlung verwirklichen. Mit öffentlich rechtlichen Satzungen lassen sich die selben Ziele nicht erreichen. Im Übrigen existieren gegen wirksame Gestaltsatzungen große Widerstände im Lande. Die meisten Bauherrn haben nur an ihrem eigenen Haus gestalterisches Interesse, und wollen allein, dass ihre eigensinnigen Ideen genehmigt werden. Und wenn das alle Bauherrn wollen, entsteht ein Gestaltchaos. Im Gegensatz dazu gibt es die Bauträgersiedlungen in eintöniger und steriler Einheitlichkeit, bei der die individuelle Persönlichkeit nicht zum Ausdruck kommt.
Man sagt oft, Schönheit wäre eine reine private Geschmackssache. Genau das stimmt nicht. Warum finden denn fast alle Menschen im Urlaub die alten Städte und die Urlaubslandschaften so schön. Hier existiert offensichtlich ein gemeinsamer Geschmack. Diese Übereinstimmung in Gestaltqualität könnte man auch in neuen Siedlungen haben: Vielfältig in der Gestalt, von verschiedenen Persönlichkeiten geprägt und dennoch in schöner Gesamtharmonie. Wenn wir das wollen, können wir das auch, also täglich in einem Umfeld leben, das die selben Gestaltqualitäten wie die Urlaubsorte haben und dennoch aus modernen Häusern bestehen. Bisher hat unsere Gesellschaft das nicht geschafft. Kein Mensch kommt auf die Idee, in einer modernen Wohnbausiedlung Urlaub zu machen.
Voraussetzung für einen Konsens ist allerdings, dass wir wie in allen anderen Fachfragen lernbereit sind und uns gemeinsam in einen Gestaltlernprozess begeben. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass sich Menschen je mehr sie sich mit Gestaltfragen beschäftigen in ihren Urteil je näher zueinander kommen. Der in Architektur ungeschulte Laie sollte sich nicht einbilden, dass er ohne Vorbereitung Gestaltfachmann ist. Er kann es aber in einer Gemeinschaft mit anderen Laien und Fachleuten, die ebenso um gute Gestalt ringen, relativ schnell werden. Deshalb ist auch hier die Gemeinschaft ein Weg zur Qualität. Neuerdings wird die Idee der Schönheit effektiv vom Deutschen Institut für Stadtbaukunst unterstützt.
Ich habe über 20 Landschaftssiedlungen bzw. Wohnprojekte geplant.(siehe linke Spalte) Wer die Angst hat, mit dem neuen Leitbild würden wieder einmal Einheitssiedlungen entstehen, sollte sich einmal die verschiedenen Siedlungsplanungen auf den folgenden Seiten durchsehen. Er würde dann feststellen, dass diese alle so verschieden sind, wie beispielsweise die schönen alten Stadtkerne unseres Landes voneinander verschieden sind. Jede Siedlung besitzt seine eigene Atmosphäre. Das liegt daran, dass diese Siedlungen sehr sensibel auf die vorhandene Situation eingehen, dass es unterschiedliche Programme beispielsweise für Wohn- und Arbeitsstätten gibt, dass die Altersstruktur der Beteiligten verschieden ist etc. Außerdem werden durch die Beteiligung der Betroffenen unterschiedliche Vorstellungen eingebracht. Das Wohnen in der Einheitsschachtel kann nie das Ziel von Baukultur sein. Sondern in der Menschheit sind immer dann nachhaltig gute Lösungen entstanden, wenn es gelang, der Gemeinschaftlichkeit den gleichen Rang einzuräumen wie den individuellen Wünschen. In der ersten gebauten ganzheitlichen Ökosiedlung (Cherbonhof Bamberg) gibt es keine zwei gleichen Häuser. Und dennoch wirkt das Ganze wie aus einem Guss.
Die Argumente sollten zeigen, dass man von einem Ökohaus eigentlich erst sprechen kann, wenn es im Verbund mit anderen geplant ist und so den Zielen der ganzheitlichen Landschaftssiedlungen nahe kommt. Es gibt rational keine Gründe, welche gegen den Bau von solchen Siedlungen an jedem Ort sprechen würden. Denn Gemeinwesen und Wohnqualität, Wirtschaftlichkeit und Ökologie werden in gleichem Maße gefördert. Auch bei der Weiterentwicklung vorhandener Baubereiche kann das hier beschriebene Zielspektrum dienen, auch wenn man in Altbaubereichen mehr Kompromisse machen muss. Neubauprojekte haben den Vorteil, dass sie modellhaft erstellt werden können, also so, wie man sich einen idealen Lebensraum vorstellt.
...Ich habe über 20 Landschaftssiedlungen bzw. Wohnprojekte geplant...
Die kleine Siedlung in Bonn hätte zeigen können, dass auch sehr kleine Areale zu einer öko-sozialen Nachbarschaft entwickelt werden können. Auch der Mitterkreither Hof und der Erlacher Hof sind ähnlich wie der Eichhornhof in Bamberg kleine Einheiten mit gemeinsamen Gemeinschaftsplatz und einsichtsgeschützen Innengärten für die Wohnungen. Leider ist der Plan an Unklarheiten der Grundstücksfrage gescheitert.
Die Ökosiedlung Wiesenfelden wurde geplant auf einem Grundstück des bekannten Naturschützers Hubert Weinzierl. Die Gemeinde Wiesenfelden hatte großes Interesse, auf diesem Grundstück eine Ortserweiterung zu planen. So konnte Weinzierl mit der Planung auch ein gewisses ökologisches Entgegenko0mmen der Gemeinde erwarten.
Die Diskussionen mit dem Bürgermeister, den Gemeinderäten und den Bauherrn waren höchst interessant und zwischenzeitlich schien es, dass ein Kompromiss zwischen den Vorstellungen vor Ort und den Prinzipien einer ganzheitlichen öko-sozialen Siedlung gefunden worden wäre. Diese ländlichen Millieus sind derart vorurteilsgeprägt, dass mit den besten Argumenten nichts dagegen zu bewirken ist. Dabei sind die CSU-geprägten Kreise noch mehr ansprechbar als die SPD-orientierten Millieus. Die Leute wollen einfach ein Haus haben, um das sie herum laufen können. Sie glauben damit den höchsten sozialen Status zu repräsentieren. Was um sie herum gebaut wird und wie die Umwelt ihres unmittelbaren Lebensraumes aussieht, ist ihnen ziemlich gleichgültig. Außerdem brauchen sie ihre Doppelgarage mit einer möglichst repräsentativen Garagentüre, ebenfalls als Statussymbol.
In höheren Kreisen ist diese Sicht des „My home is my castle“ weitgehend im Verschwinden begriffen. Aber auf dem Land sind die Bauherrn zu 90% dem alten Muster verfallen. Das drückt sich dann auch in den Gemeinde- und Stadträten aus, wodurch das Krebsgeschwür der freistehenden Einfamilienhauswüsten weiterhin sich in das schöne Naturland frisst.
Die Siedlung Wiesenfelden wäre bei aller Kompromissbewegung eine Modellsiedlung für ländliche Regionen geworden. Gerade für Wiesenfelden, wo sich auch das Bayerische Naturschutzinformationszentrum befindet, wäre ein solches Modell ein wichtiges Symbol geworden. Viele Naturschutzfreunde haben sich bereits als Bauherrn für die Siedlung gemeldet. Warum die Siedlung dann doch nicht zustande kam, habe ich nie erfahren. Da scheinen wohl doch einige Egoismen und mangelhaftes Ökoengagement im Spiel gewesen zu sein.
1998 begann die Planung der Siedlung in Velburg. Zu dieser Siedlung gibt es weiter oben ein eigenes Kapitel. Deshalb kann ich mich hier auf einige Detailhinweise beschränken. Wie alle meine Planungen wurde auch diese Siedlung nicht von einem Bauträger oder einer Gemeinde initiiert, sondern von einigen Einzelpersonen, die mit Bauprojekten zu tun hatten, und welche einen Besitzer eines Grundstückes in Velburg kannten. Es war vor allem Rüdiger Brumme. Wir kannten uns schon einige Zeit lang.
Ich fertigte einen Plan im eigenen Auftrag unserer Projektgruppe. Wir hielten es für möglich, dass wir das Siedlungsprojekt aus eigenem Management durchziehen. Ich deute hier aber gleich an, dass das heute am freien Markt nicht funktioniert. In Bamberg hat das zwar funktioniert, aber dort hatten wir wenigstens ein städtischen Grundstück, das die Siedler erst kaufen mussten, nachdem die Planung und Erschließung voll abgeschlossen war. Beim neuen Projekt in Bamberg hätten wir das Grundstück vor der Erschließung kaufen müssen. Dazu ist aber eine freie Interessentengruppe nicht in der Lage. Das heißt, um am freien Markt ein gute Siedlungsidee durchzusetzen braucht man entweder einen öffentlichen Grundstücksbesitzer oder einen vielleicht auch mehrere großzügige Sponsoren.
Wir haben immer wieder versucht, eine Stiftung oder sonst eine gemeinnützige Gesellschaft zu finden, welche die Startphase guter Gemeinschaftsprojekte vorfinanziert bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Beteiligten in ihren klar definierten Eigentumsanteil einsteigen können. Es gibt aber offensichtlich keine Stiftung, die sich für Gemeinschaftssiedlungen interessieren würde. Dieser Mangel entspricht ganz dem Bewusstseinsstand der Gesellschaft. Deshalb ist auch nicht zu erwarten, dass sich in absehbarer Zeit die Chancen für Gemeinschaftssiedlungen erhöhen würden.
Wir stellten hier also auf eigene Kosten die Planung her. In der Landkreisstadt Neumarkt stand gerade eine Landesgartenschau an. Wir konnten erreichen, dass wir in der Landkreishalle einen Platz für unsere Planung bekamen. So konnten wir erstmals öffentlich auftreten. Die Planung fand gutes öffentliches Interesse. Das bewog die Stadt Velburg, hier selbst in die Projektentwicklung einzusteigen. Wir bildeten zu dritt, zusammen mit Dipl Ing Walter die Projektgruppe für die Stadt. Das brachte uns den Vorteil, dass wenigstens der Bebauungsplan bezahlt wurde. Nachdem die Erschließung abgeschlossen war, sollten die Grundstücke zügig verkauft werden. Das funktionierte aber nicht so zügig, wie das von uns und der Stadt erhofft wurde.
Außerdem war in unserem Konzept noch ein Gedankenfehler. Die Grundstücke wurden von der Stadt verkauft, wir erledigten aber die gesamte Werbung und Abwicklung. Die neuen Grundstücksbesitzer sahen aber keine Veranlassung, uns für die Werbung und Projektentwicklung etwas zu bezahlen. Wir glaubten zwischenzeitlich noch über Hausplanungen oder Hausverkäufe etwas von unseren Werbe- und Managementkosten herein zu bekommen. Es zeigte sich aber, dass der Markt hier keinen Spielraum bot. So wurde am Ende ähnlich wie in Bamberg nichts für die Projektentwicklung gezahlt. Die Projektentwickler hätten sich noch damit trösten können, wenn das Projekt vielfach als Modell von anderen Städten aufgegriffen worden wäre. Das war aber nicht der Fall, und wir sehen ja heute, dass das Interesse an solchen Siedlungen geringer ist als 1998/99 und wesentlich geringer als um die Jahre 1980. Alle reden heute von Ökologie. Dabei handelt es sich allerdings um ein sehr einseitiges Verständnis. Es geht dabei nur um Ökotechnologie. Der soziale und gestalterische Aspekt fehlt dabei vollkommen.
Es gibt, soweit ich es sehen kann, in Europa kein ganzheitliches öko-soziales Siedlungsprojekt im Sinne der Idee der Landschaftssiedlungen oder der Agenda 21. Die Gemeinschaftsprojekte, die es gibt, haben keinen ortsplanerischen Quartierscharakter und ich halte sie daher auch nicht für gesellschaftlich modellhaft.
Ich schreibe so offen über unsere Fehleinschätzungen des öffentlichen Bewusstseins und des Marktes und über die daraus entstandenen finanziellen Einbußen, damit einerseits unser gesellschaftliches Bewusstsein richtig eingeschätzt wird und damit andererseits engagierte Idealisten sich nicht an heute Unmöglichem totlaufen. Das heißt aber nicht, dass nicht morgen schon ein anderes gesellschaftliches Klima entstehen kann, welches das, was gestern unmöglich war morgen schon realisierbar wird.
Dadurch, dass Velburg im ersten Bauabschnitt stecken geblieben ist und der Rest nach üblicher Einfamilienhauswüste vermarktet werden wird, ist ein wertvoller Ansatz verloren gegangen. Die guten Ideen, die wir bei der Planung, bei den grundbuchmäßigen Verpflichtungen, bei den Planungskriterien und der Selbstverwaltung einer Siedlungsgemeinschaft erarbeitet haben, werden, wenn die Zeit dafür reif ist, vielleicht in 10 oder 20 Jahren neu erarbeitet werden müssen, denn bis dahin wird die Vorarbeit in Velburg wahrscheinlich vergessen sein.
Dennoch zeige ich für den, der sich für eine mögliche Zukunft des Städtebaues interessiert noch einige Details aus dem Siedlungskonzept. Ich beginne dabei mit den Plätzen. Es gibt in der Planung 7 Plätze, die ich nun der Reihe nach im Ausschnitt zeige. Wer psychologisch geschult ist, wird erkennen, dass hier eine Parallele zu den 7 Energiezentren (Chakren) des Menschen sichtbar ist. Hier wurde ein Aspekt eingefügt, den man unter der Überschrift „Bauen für die Seele“ einordnen kann. Die Plätze zeigen eine Charakteristik in Verwandtschaft zu den Energiezentren im menschlichen Körper. Die Plätze reihen sich von Süden nach Norden auf.
Der Aufgang liegt an der der Stelle des Fußweges vom Stadtzentrum her. Es gibt hier eine Natursteintreppe und ein Natursteintor. Links und recht befinden sich große Bäume und eine Hecke. Diese Startsituation hat Beziehung zum Wurzelchakra. Der behindertengerechte Zugang befindet sich weiter links. Der kleine Platz nördlich des Tors führt zum nächsten Platz.
Hier sollte ein emotionaler kleinteiliger und kreativer Anger entstehen. Diese Eigenschaften beziehen sich auf das Sakralchakra.
Der Hauptplatz sollte wirtschaftlich und kommunikativ das Zentrum sein. Er besteht aus einem klassischen städtebaulichen Platz und einem kleinen Nebenplatz für Gastronomie. Am Hauptplatz sollte es an der Nord- und Westseite Geschäfte geben, die hier mit verglasten Arkaden dargestellt sind. Auf dem Platz befindet sich eine Brunnen und eine Baumgruppe. Die Verbindung zum Bunten Anger sollte mit einer verglasten Verkaufspassage hergestellt werden. Der Fußhauptzugan liegt westlich davon und ist durch eine große Pergola gekennzeichnet. Im Norden geht es weiter über eine Treppe. In der südöstlichen Ecke liegt ein Gemeinschaftshaus mit einen eigenen Innenhof. Man kann nun einwenden, dass eine solche Planung unrealistisch wäre. Immerhin konnte in Bamberg in der wesentlich kleineren Siedlung so etwas umgesetzt werden. Wenn der Wille bei allen vorhanden gewesen wäre, hätte das auch in Velburg klappen können. Dass dieser Platz mit dem Solarplexus korrespondiert, dürfte für psychologisch geschulte klar sein.
Dass der Musikanger psychologisch seelisch der Mittelpunkt der Siedlung sein sollte, sieht man sowohl an seiner Form als auch an der Lage dieses Platzes in der Mitte des Siedlung. Die geometrische Mitte einer Anlage hatte schon immer eine große Bedeutung. In den abendländischen Klöstern befand sich in der geometrischen Mitte der Gesamtanlage der Kreuzhof. Auch in der fernöstlichen Architektur war oft die Mitte ein beseelter Platz. Die sogenannten Pragmatiker unserer Gesellschaft halten eine solche Planung für Träumerei. Mit ein wenig Kreativität ist so etwas aber heute durchaus denkbar. Die Häuser am Musikanger wurden als attraktive Angebote schon etwas detailliert. Das Herzchakra ist die Mitte der Energiezentren. Die emotional organische Form des Platzes kommt dem formal entgegen.
Am Höhenplatz wurden die Funktionen untergebracht, welche die Siedlungsstruktur in wohnungsmäßiger und sozialer Hinsicht abrundet. Altenwohnungnen, Sozialzentrum, Geschosswohnungen, Singlewohnungen, Sozialhaus mit Aussichtscafe über den Dächern vom höchsten Punkt (2o m Geländehöhenunterschiede) des Geländes und der höchsten Häuser aus. Ein solcher urbaner Platz entspricht dem Halschakra.
Der Baumkreis befindet sich auf der östlichen Süd-Nord-Achse am oberen Ende. Er hat keine rationale Funktion, soll aber ein meditativer Ruhepunkt darstellen. Er entspricht dem Chakra „Drittes Auge“.
Das Stein Mal befindet sich auf dem nördlichsten Punkt der westlichen Süd-Nord-Achse. Da das gesamte Gelände sehr stark vom Jurakalk geprägt ist, sollte ähnlich wie das Steintor im Süden ein Jurastein Mal im Norden erstellt werden. Bei den Erdarbeiten wäre viel Naturstein angefallen. Hier hätte man geeignete Stücke auswählen, vielleicht noch etwas nacharbeiten können. Das Stein Mal wäre der Schlusspunkt der fertig gestellten Siedlung geworden und hätte so auch eine gewisse rituelle Bedeutung gewinnen können. Bei Siedlerfesten oder sonstigen feierlichen Anlässen hätten hier auch religiöse Feiern stattfinden können. Das Stein Mal steht für das Kronenchakra.
Manchem Zeitgenossen mag diese Gesamtkonzeption zu spirituell sein. Unsere Zeit hat aber vergessen, dass praktisch alle alten Stadtkerne, die heute rein weltlich gut funktionieren und große Attraktivität besitzen, nach solchen spirituellen Aspekten gestaltet wurden. Ja die Attraktivität dieser Bereich kommt von den tiefenpsychologischen Grundlagen. Das wissen aber im Allgemeinen die betrachter nicht
Es ist auch nicht so wichtig, dass Planer, Politiker und Bewohner diese Zusammenhänge kennen, denn sie wirken unbewusst. Im konkreten Fall von Velburg wurde bisher noch mit niemandem über diese Grundkonzeption gesprochen. Wie gesagt, das ist auch nicht nötig, denn jedem Architektur- und Städtebauentwurf liegen geistige Konzepte zugrunde, die unbewusst sind und normalerweise nicht einmal der Planer kennt. Diese geistigen Konzepte werden unbewusst aufgenommen. Orte, die in diesem Sinne stimmig sind, werden von den Bewohnern und Betrachtern als Orte des guten Lebens empfunden. Da ist das rationale psychoanalytische Wissen darüber nicht von Bedeutung. Immerhin für einen Personenkreis, der sich verstärkt um das innere Verhältnis von Raum und Mensch kümmert, kann die Analyse, wie sie hier gezeigt wird, schon erhellend sein.
Auch der folgende Aspekt, der im Grundkonzept steckt, wird für viele Zeitgenossen befremdend sein. Es gibt nämlich vier männliche und drei weibliche Chakren. Im Plan Velburg sind die vier männlichen Chakren an der westlichen Süd-Nord-Achse aufgereiht. Die drei weiblichen Chakren, zu denen eben auch das zentrale Chackra, das Herzchakra, gehört, befinden sich auf der östlichen Achse. Die männlichen Chakren haben einen mehr weltlichen Charakter, während die weiblichen Chakren mehr das Seelische betonen.
Ich bedaure natürlich, dass sich bei der Siedlung Velburg bisher nur der erste Bauabschnitt hat realisieren lassen. Immerhin, der Gesamtbebauungsplan hat Rechtskraft. Natürlich kann man einen Bebauungsplan ändern. Dass sich das Gesamtkonzept wahrscheinlich nicht bis zum Ende wird realisieren lassen, ist ein Spiegel der geistigen Situation unserer Gesellschaft. Hätten die Verantwortlichen wenigstens unbewusst empfunden, dass sie hier einen Ort des guten Lebens hätten schaffen können, dann hätte man alle Kräfte auf eine Realisation konzentrieren können oder auch ein wenig mehr Gelassenheit und Ruhe für die sinnvolle Weiterentwicklung eingeräumt.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal deutlich machen, dass alle alten Städte und Dörfer nicht nur nach funktionalen Aspekten geplant wurden, sondern dass diesen geistige Aspekte zugrunde lagen. Das betrifft den Grundriss der Orte, die Lage der Funktionen, die Formen und Gestaltungen bis in das Detail. Auch früher war es so, dass nicht alle Planer über diese geistigen Aspekte Bescheid wussten, diese aber unbewusst richtig einordneten. Heute ist es so, dass praktisch niemand mehr diese Prinzipien kennt, weil sich unsere Zeit nicht dafür interessiert. Unsere total materialisierte Zeit weiß einfach über die geistigen Hintergründe ihrer eigenen Existenz nicht Bescheid. Sie kennt die Gene und Atome bis in ihre kleinsten Bestandteile, aber über die ganz simplen seelischen Grundlagen unserer konkreten Wirklichkeit wird gar nicht nachgefragt.
Da seit 200 Jahren das kollektive Unbewusste in eine Schieflage geraten ist, sind auch die seelischen Grundlagen unseres materiellen Handelns nicht mehr in Ordnung. Um hier einen Überblick über bessere Lösungen zu gewinnen, wäre es deshalb gerade für unsere Zeit sinnvoll, unser gesamtes kulturelles Leben, zu dem auch die Stadtplanung gehört, psychoanalytisch aufzuklären. Wenn ich öko-soziale Nachbarschaften propagiere, dann spreche ich kaum über diese seelischen Hintergründe, sondern ich stelle die materiellen Vorteile heraus. Dazu gehören z. B. Gemeinschaftliche Ortsräume, private einsichtsgeschütze Wohngärten, autofreie Straßen, Mischen der Wohn- und Arbeitsformen, Naturnähe, wohnnahe Freizeiteinrichtungen, Nutzgärten in unmittelbarer Nähe, eine neue Form von Gestaltungsbindung und Gestaltungsfreiheit, ökotechnische Zukunftsfähigkeit etc. Einige besonders interessierten Kreise sollten sich aber auch über die seelisch geistigen Hintergründe Gedanken machen.
1998 begann auch die Planung für die Ökosiedlung Wiesentheid. Interessant an dieser Planung war wieder, dass sich die Politiker durchaus mit der Idee ganzheitlicher Siedlungen anfreunden konnten, dass dann aber die Bevölkerung trotz größter Werbeanstrengungen solche Angebote nicht annehmen wollte. Die Planung Wiesentheid erlangte rechtskraft. Da sich keine Bauinteressenten fanden, wurde der gesamte Plan auf ein gleichartiges Grundstück verschoben, in der Hoffnung, dass bis dahin Bauinteressenten auftauchen würden.
Auffallend an dem Plan ist der Marktplatz im Zentrum der Gesamtanlage. Die Nordseite zeigt maßvolle Geschossbauten, in deren Erdgeschossen auch Dienstleister untergebracht werden sollten. Das Unverwechselbare aber an dem Konzept ist die Verbindung des Marktplatzes zu einem Anger im Westen. Dieser Anger sollte eine Sichtverbindung zu den Hängen des Steigerwaldes herstellen. Da es Bebauung südlich des Geländes gab, musste der Blick über die Dächer gelangen. Diesem Ziel diente auch die erhöhte Rosenterrasse. Das Gebäude nördlich dieser Terrasse sollte Altenwohnungen enthalten aber auch gastronomisch genutzt werden.
Die Wohnwege und Plätze waren autofrei. Im Norden der Anlage diente ein Baumgürtel dem Schallschutz ebenso die Garagen- und Nebengebäudefront. Bei der Planung der Einfamilienhäuser wurde viel Mühe darauf verwendet, dass die Gärten einsichtsgeschützt sind und dass viele unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten vorgeschlagen wurden. Wie bei allen meinen Siedlungen kann jeder Bauherr die Breite seines Grundstückes selbst wählen und hat große Freiheiten der Gestaltung, wenn auch in einen bestimmten gestalterischen und nachbarschützenden Rahmen. Hier geht um die Stärkung der individuellen Freiheit und gleichzeitig um mehr Gemeinschaftlichkeit und Nachbarschaft.
Die Ökosiedlung Beratzhausen fiel auch in jene Zeit um 1999. In der eigenen Gemeinde hatte ich die Voruntersuchung für die Städtebausanierung durchgeführt und auch die ersten Maßnahmen der Sanierung organisiert. Das Verhältnis zur Mehrheit im Gemeinderat und auch der Bevölkerung war nicht ganz einfach. Dennoch konnte die Idee einer Ökosiedlung durch gutes Zureden zunächst eine Mehrheit finden. Die Idee war, möglichst nahe am Bahnhof die Ökosiedlung zu platzieren, da man dann hier Menschen ohne Auto oder ökobewusste Mitbürger besonders gut ansprechen hätte können.
Hier gibt es wieder einen Marktplatz in der Mitte der Siedlung. In diesem Fall führt ein Arkadengang rings um den Platz. Beratzhausen hatte ich ein hohes Ansehen als Kunstgemeinde erworben und wollte, dass in die Siedlung möglichst viele Künstler und Kunsthandwerker einziehen sollten. Der Arkadengang sollte zum Bummeln einladen, wobei die einzelnen Künstler in einem Schaukasten oder Schaufenster auf ihre Arbeiten hätten hinweisen können. Die Mitte des Platzes war als Labyrinth in der Bodengestaltung gedacht.
Auf der Nordseite des Platzes sollte ein Gemeinschaftshaus, eventuell als Single oder Altenwohnungen stehen. Einen gewissen turmartigen Akzent stellten wir uns am Zugang zum Platz vor, ein Gebäude, das mit der anschließenden Kunsthalle und den Innenhof die besondere Atmosphäre der Siedlung unterstreichen sollte.
Leider wurde in der entscheidenden Gemeinderatssitzung mit einer Stimme Mehrheit die Planung abgelehnt. Nach der Erfahrung mit einer wenig begeisterungsfähigen und kulturell unaufgeschlossenen Gesellschaft in den letzten 10 Jahren, hätten wir Schwierigkeiten mit einer Realisierung der Planung bekommen. Um die Jahrtausenwende hatten wir noch visionäre Hoffnungen, die nach den Erfahrungen im ersten neuen Jahrzehnt weitgehend verflogen sind.
Kleinere Projekte wie die in Manthal und Hersching lasse ich zunächst aus, auch wenn sich an ihnen zeigen ließe, dass die Grundideen einer ganzheitlichen öko-sozialen Planung auch in kleineren Projekten und in Anpassung an vorhandene Situationen möglich wären.
Das nächste größere Projekt war Sengenthal. Hier wurde schon sichtbar, dass sich Anfang des neuen Jahrtausends zukunftsfähige Ideen nicht realisieren lassen. Ich stellte deshalb einen Plan her, der auf größere Ideen verzichtete und den Vorstellungen der Bauherrn schon so weit entgegen kam, dass eigentlich von einer ganzheitlichen öko-sozialen Siedlung nur mehr mit sehr viel Nachsicht gesprochen werden kann. Immerhin gab es einen noch relativ schönen mittleren Anger, es gab auch noch einen zentralen Marktplatz, auch wenn er auf das Äußerste reduziert war und der Autoverkehr wurde aus den Wohnstraßen ferngehalten. Die Naturschutzbereiche waren auf Reste zusammengeschrumpft.
Dennoch war der Eigensinn der Käufer größer als die Überzeugungskraft des Bürgermeisters. Jeder wollte ein Einfamilienhäuschen haben, um das er herum laufen konnte, auch wenn eine Lebensqualität in solch kleinen Grundstücken nicht mehr gegeben war. In meinem Entwurf waren die Grundstücke zwar noch kleiner, aber sie boten einen wirklich brauchbaren einsichtgeschützten Wohngarten. Jetzt können die Bauherrn zwar um ihr Haus herum laufen, aber ihr Garten besteht nur noch aus Abstandsfläche, in welche alle Nachbarn hinein schauen können. Dies ist insofern absurd, als das die Bauherrn ein freistehendes Einfamilienhaus mit der Begründung haben wollen, dass sie mit dem Nachbarn möglichst nichts zu tun haben und auf Abstand zu ihm wohnen. Genau das hätten sie mit meinem Plan erreicht und sie hätten zusätzlich eine Umwelt erhalten, in der Gemeinschaft sich hätte aufbauen können. Nun haben sie eine Umwelt mit täglichem Nachbarschaftsstreit und Nachbarschaftsprozessen. In Deutschland gibt es zur Zeit 100 000 juristische Nachbarschaftsstreite pro Jahr.
Man sieht aus diesem Vorgang ganz genau, dass Architektur nicht nach Vernunft entschieden wird, sondern nach unbewussten Bildern. Es ist das Bild vom Schloss im Grünen. Dieses Bild ist so stark, dass es realisiert wird, obwohl auf den 400 qm Grundstücken dieses geschrumpfte Schloss in der Masse der anderen geschrumpften Schlösser im Grunde nur noch eine Hinterhofwüste darstellt. Wenn man die Menschen auf diese Schieflage anspricht, dann bedauern sie nur, dass sie sich kein echtes Schloss in einem Park haben leisten können. Dass es andere lebenswertere Wohnformen gäbe, das zu sehen lässt ihr unbewusstes Vorurteil nicht zu.
Der Verlag von „Schrot und Korn“ wollte im Jahr 2001 an seinem Ort ein neues Verlagsgebäude zusammen mit einer Ökosiedlung errichten. „Schrot und Korn“ ist ja die weit verbreitete Zeitschrift der Naturkostläden. Dass ein solcher Verlag auch eine Ökosiedlung plant, würde also ganz zum Verlagsprogramm passen. Und für die Entwicklung der Ökosiedlungen wäre eine Initiative eines Wirtschaftsunternehmens für das ökologische und ganzheitliche Bauen ein sehr hoffnungsvoller Impuls. Viele Verlagsangehörige wollten hier bauen und es wäre auch noch genügend Platz für weitere Bauherrn gewesen.
Begonnen hat die Planung mit einem Omnibusausflug der Verlagsmitarbeiter nach Bamberg. Eine Besichtigung der Ökosiedlung in Bamberg und ein Kurzseminar führte in das Thema ein. Beim anschließenden Mittagessen war man sich weitgehend einig, das Projekt zu starten. Fast alle, die bei mir eine Ökosiedlungsplanung in Auftrag gaben, machten eine Führung durch die Ökosiedlung in Bamberg mit. Über 200 solcher Führungen wurden durchgeführt.
Trotz des schwierigen Grundstückes entstand eine Planung, welche alle Prinzipien der ganzheitlichen öko-sozialen Siedlungen zeigte. Hier ging es natürlich um eine sinnvolle Mischung aus Gewerbe und Wohnen. Aber auch die Platzgestaltungen vom Dorfplatz, über den Anger, vorbei am halböffentlichen Innengarten bis hin zum Spielplatz mit Kinderhaus hätten realisiert werden können. Die Wohnungsformen waren vielfältig vom Einfamilienhaus bis zu den verschiedenen Typen von Geschosswohnung. Die Einfamilienhäuser hatte einsichtsgeschützte Innengärten, auch für die Geschosswohnungen gab es Beispiele für kleine Privatvorgärten.
Leider hatte der Gemeinderat keinerlei Sinn für eine solche modellhafte Lösung. Die alte Abneigung der konservativen Kreise gegen alles was grün und ökologisch ist, hat wieder einmal die Oberhand behalten. Der Verlag plante dann noch im Nachbarort Ringheim das gleiche Programm. Das zog sich dann in die Länge und die am Bauen interessierten Bauherrn hatten sich in der Zwischenzeit anders orientiert
Mit dieser Planung wurde eine Möglichkeit aufgezeigt, wie man eine Wohnsiedlung einerseits von einem Gewerbegebiet abschotten kann, andererseits Gewerbebauten als Teil der Siedlung planen kann.
Neufarn ist ein Vorort von München. Die Zersiedlung der Landschaft fand hier wie auch sonst in ganz Deutschland ohne jeglichen Anspruch außer dem der Verkaufbarkeit statt. Auf einem der Grundstücke befand sich im Süden ein großes Lagerhaus. Dieses brachte zwar den Vorteil der Schallschutzes zur stark befahrenen Straße, warf aber besonders im Winter einen langen Schatten auf das Gelände. Ein Bauträger wollte das Gelände bebauen. Er sah eine gleichmäßige Aufteilung des Grundstückes mit Doppelhäusern vor. Der Alternativplan von mir ging stark auf die Wirtschaftsvorstellungen des Bauträgers ein, brachte aber immerhin den Vorteil, dass das ganze Garagen- und Parkgeschehen im Schattenbereich des Lagerhauses untergebracht worden wäre. Die Siedlung selbst wäre dann verkehrsfrei geworden.
Der Bauträger glaubte dann aber doch, dass sich die Grundstücke besser verkaufen ließen, wenn die Garagen immer direkt am Haus untergebracht würden. Vielleicht hatte er recht. Die Häuser wurden alle verkauft. Einen kulturellen Qualitätsanspruch an das Bauen darf man einfach nicht erwarten. Denn gut ist zur Zeit einfach das, was sich gut verkaufen lässt.
Der zweite Plan für Neufarn wurde für ein Gelände hergestellt, das kein Bauland war. Dieser Plan war sehr idealistisch. Nur wenn er etwas ganz besonderes bot, hatte er Chancen, genehmigt zu werden. Es zeigte sich bald, dass von der Seite der Initiatoren der Anspruch zu hoch war. Und die Genehmigungsfähigkeit war auch problematisch, da die Siedlung direkt an einen Landschaftsschutzbereich angeschlossen hätte.
In Stuttgart gibt es das Institut für solare Stadtplanung. Das Institut hat ein System entwickelt, nach dem Bebauungspläne nach ihrer Qualität der passiven und aktiven Nutzungsmöglichkeit beurteilt werden können. Es wird berücksichtigt, welche Himmelsrichtug die Bauten haben, ob sie sich gegenseitig beschatten und welchen Einfluss Bäume, sobald sie groß genug geworden sind, haben. Für einen so großen Bebauungsplan wie Velburg kostet dies relativ viel. Diese Kosten wurden von der Obersten Baubehörde übernommen.
Diese Überprüfung war für uns sehr erfreulich. Denn die Velburger Siedlung wurde als „Sehr gute Solarsiedlung“ zertifiziert.
Nun fragt es sich, warum solche Überprüfungen nicht weit verbreitet sind. In Bayern, das sich so ökologisch gibt, wurden nur ganz wenige Untersuchungen durchgeführt. Es müsste ja längst allen Gemeinden bekannt gemacht werden, welche Kriterien eingehalten werden müssen, damit die Ergebnisse sehr gut sind. Der Durchschnitt der viele hunderte Bebauungspläne der letzten 10 Jahre in Bayern dürfte sehr negativ sein. Die Bauwirtschaft und damit auch die Gemeinden halten solche Maßnahmen für Behinderung des Bauens. Es werden stattdessen große Sprüche über die angebliche Solarqualität gemacht, die sich bei Nachprüfung in keiner Weise bestätigen würden.
Die solare Qualität ist eine ökotechnische Maßnahme. Man kann Siedlungen heute ohne fossile Energie beheizen, wie das auch in Velburg möglich ist. Merkwürdigerweise haben solche Vorteile nicht dazu geführt, dass die Velburger Siedlung als nachhaltiges Modell in der Öffentlichkeit herausgestellt wurde. Man fragt sich warum?
Darauf gibt es nur die eine Antwort, dass die Velburger Ökosiedlug einen solch ganzheitlichen Ansatz hat und so viele Kriterien aufweist, welche die Mehrheit der Menschen noch nicht schätzen, dass man auch die Modellhaftigkeit im ökotechnischen Bereich lieber erst gar nicht anspricht.
Über die Ökosiedlung Gaustadt gibt es auf dieser Webseite unter Ökosiedlungen Angebote eine eigene Darstellung. Die Ökosiedlung war kurz vor der Realisierung, scheiterte dann aber doch. Für freie Interessentengruppen ohne Bauträger ist die Durchsetzung eines Siedlungsprojektes zu schwierig. Dennoch wäre es immer noch denkbar, dass die Siedlung realisiert wird, denn das Grundstück steht noch zum Kauf an.
Da für diese Siedlung erhebliche Planungsanstrengungen getätigt wurden, können auch diese Unterlagen eingesehen werden. Wir haben eine eigene Webseite www.oekosiedlung-bamberg.de , auf welcher noch einiges verzeichnet ist. Hier ein Bild der Siedlungsplanung:
Auch der Erlacher Hof, das jüngste Projekt, ist auf dieser Webseite unter Ökosiedlungen Angebote zu finden. Hier werden noch weitere Partner gesucht, welche in das Projekt aktiv mit einsteigen können. Das Projekt liegt in der Fränkischen Schweiz und verfolgt kulturelle und soziale Ziele. Der Erlacher Hof hat zusätzlich eine eigene Webseite unter www.erlacherhof.de