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Wenn ich über Ökosiedlungen spreche, zeige ich immer die Ökosiedlung Bamberg als Modellbeispiel. In einigen hundert Vorträgen dienten die Bilder als Veranschaulichung der Idee. Ca 200 Gruppen wurden durch die Siedlung geführt. Für Nachfolgeplanungen wirkt das Modell als Vorbild.
Ich lasse deshalb zunächst einen Teilnehmer einer Exkursion im Mai 2004 zu Wort kommen. Bei der Exkursion wurden 6 Ökosiedlungen besichtigt. Der Teilnehmer, der hier zu Wort kommt, hatte vorher zu keiner der Siedlungen einen Bezug, konnte also ohne jegliches Vorurteil das Gesehene betrachten:
"Die Siedlung Cherbonhof in Bamberg als urbane Ökosiedlung besticht für mich vor allem durch seine künstlerisch, spirituelle Form einer selbstbestimmten Gemeinschaft: Die Anlage der Dorfanger, die Nischen und Spielplätze, die individuelle Gestaltung der Häuser und Nebengebäude, die Privatgärten, die für mich manchmal einen beinahe zeremoniellen Charakter hatten, der Gemeinschaftsgarten, die durchgängig gelungene Aufteilung in öffentliche und private Bereiche sowohl im Außen- wie im Innenbereich. Hervorzuheben ist auch der gestalterisch perfekt gelungene Kunstgriff, aus einer Nordlage viele individuelle Südlagen zu formen. Theodor Henzler hat damit ein Symbol geschaffen, das dem privaten, wie dem öffentlichen Bedürfnis einer überschaubaren, gleichgesinnten Gemeinschaft herausragend Rechnung trägt. Solche Exkursionen zu realisierten ökologischen Siedlungen halte ich für sehr wichtig und sollten deshalb auch einem nicht planenden Fachpublikum näher gebracht werden. Das Interesse dafür ist meines Erachtens groß, da immer mehr Menschen realisieren, dass sie nicht nur unter ungesunden Verhältnissen wohnen, leben und arbeiten, sondern auch ein immer weniger selbstbestimmtes Leben führen. Für mich war die Exkursion Motivation genug, mich (wieder) aktiv um die Realisierung ökologischer Lebens- und Wohnprojekte zu kümmern." Gebhard Schneider.
Falls Sie, lieber Leser, ähnlich denken, soll Ihnen die Bamberger Siedlung im Folgenden näher gebracht werden. In einem ersten Abschnitt wird aufgezeigt, wie eine klare Zielsetzung schließlich zum Erfolg führte. Ob sich die realisierten Leitbilder bewährt haben, wird im zweiten Kapitel angesprochen. Der Beteiligungsprozess, von dem im dritten Teil berichtet wird, war entscheidend für das Zustande kommen. Im vierten Abschnitt geht es um die Organisation und um die bauleitplanerischen Besonderheiten. Im anschließenden Absatz wird die Rolle der Medien angesprochen. In einer Zusammenfassung wird auf das Prinzip der Ganzheitlichkeit eingegangen. Zum Abschluss sollen noch die heutigen Möglichkeiten und Chancen beleuchtet werden
Begonnen hat alles mit einem Vortrag über das Stadtökologischen Manifest. Dieser Leitlinientext wurde in der Gruppe Ökologie unter Konrad Lorenz entwickelt. (Siehe auch das Kapitel unter diesem Stichwort Stadtökologisches Manifest auf dieser Webseite). 1979 gab es in der Bevölkerung eine Aufbruchstimmung, die in den meisten Städten Bayerns zu Initiativen führte. So formierte sich in Bamberg eine Gruppe von Interessenten, welche im Sinne des Stadtökologischen Manifests leben und bauen wollten.
Diese Gruppe versuchte nun ein Baugelände zu finden und eine Plangenehmigung zu erhalten, was sich als sehr schwierig erwies, weil die Politik damals alles, was irgendwie mit Ökologie zu tun hat, negativ beurteilte. Man vermutete unter den Interessenten grüne Aussteigenr, obwohl es sich durchwegs um etablierte Bürger handelte, welche ein naturnahes und ganzheitliches Leben führen wollten.
Ursprünglich war das Ziel ziemlich gesellschaftlich ausgerichtet, denn man wollte neben der Verbesserung des unmittelbaren Lebensumfeldes auch langfristig eine Entlastung der großstrukturigen Sozialsysteme erreichen. Nachdem aber die öffentliche Hand weder ideelle noch materielle Unterstützung zu geben bereit war, musste das Konzept auf die direkten gemeinschaftlichen Belange der Siedlergemeinschaft selbst reduziert werden. Für Gemeinschaftseinrichtungen waren ursprünglich für jeden Siedler 10 000.-DM Kosten kalkuliert worden, die sich dann auf die Hälfte reduzierten, als ein langfristiger Mietvertrag für den Gemeinschaftsraum abgeschlossen werden konnte. Ein langer Arkadengang und ein Tischtennisraum aus Gemeinschaftsmitteln ergänzen das Gemeinschaftsraumprogramm.
Nach mehreren gescheiterten Grundstücksversuchen erschien eine Chance darin, dass die Stadt ein Gelände beplante, auf dem auch Bauherrngemeinschaften zum Zuge kommen sollten. Hier ergaben sich dann konstruktive Kontakte zur Stadt. Der Gemeinschaft wurde ein schöner Grundstücksteil angeboten. Die fertige Planung wurde allerdings abgelehnt. Der Südhang erschien dem Stadtrat für „Ökopspinner“ zu wertvoll. Als Ersatz erhielt die Gruppe ein Angebot für einen Nordhang. Dieser Rückschlag schlug die Gruppe zunächst auseinander, da man Zweifel an einer positiven Kooperation mit der Stadt bekommen hatte.
Immerhin mache eine kleine Gruppe weiter, erstellte einen neuen Plan, fand Zustimmung bei der Stadt und dann auch eine Bestätigung dadurch, dass der Plan im Bundeswettbewerb Familienwohnung und Familienheim eine Auszeichnung erhielt. Interessant ist dabei, dass die Jury trotz der Auszeichnung Bedenken an der Realisierbarkeit äußerte. Dass sich die Siedlung doch in den wesentlichen Teilen hat realisieren lassen ist einer Serie von glücklichen Umständen und dem zähen Einsatz der Gruppe zu verdanken.
Wenn die Ziele rein öko-technologisch gewesen wären, hätten sich Politiker und Behörden leichter mit dem Projekt getan. Der ganzheitliche Ansatz des stadtökologischen manifests mit architekturpsychologischen Elementen dagegen war für die Genehmigungsstellen fremd und deshalb beängstigend. Aus dem breiten Spektrum der Ziele sollen hier einige ausgewählt werden. Am Ende des Exkursionsberichtes, der auch auf dieser Webseite zu finden ist, ist ein etwas breiteres Spektrum von Kriterien, die in Bamber erfüllt wurden, aufgelistet.
Die verschiedenen Siedlungskonzepte der letzten 50 Jahre sollten einmal kritisch auf die Zufriedenheit der Bewohner und auf den nachhaltigen Wert für die Gesellschaft überprüft werden. Es gibt zwar schon eine Reihe von Studien, in denen die Bamberger Siedlung sehr positiv beurteilt wird. Aber eine aus heutiger Sicht echt vergleichende Studie, in der auch das konventionelle Bauen einbezogen wird, ist noch nicht in Sicht. So bleibt nichts anderes übrig, als dass sich Interessierte mit den Veröffentlichungen auseinander setzen und vor Ort mit den Betroffenen in das Gespräch kommen. Falls ein Fachmann eine fundiertere Studie anfertigen möchte, besteht inzwischen auch die Möglichkeit, sich für einige Tage oder Wochen in der Siedlung einzumieten. Das Probewohnen in einer Ökosiedlung war von Anfang an ein Ziel. Dieses ist jetzt sogar an zentraler Stelle in der höchsten Wohnung der Siedlung mit dem besten Überblick über die öffentlichen Bereiche möglich.
Ein Hinweis auf die Zufriedenheit der Bewohner ist der Umstand, dass etwa zweihundert Gruppen die Siedlung besucht haben und durch diese geführt wurden. Die Bewohner sind von dem Ergebnis überzeugt und wollen den Mitmenschen diese Erfahrung weitergeben. Dabei haben einige Bewohner die meisten Besucher in die einsichtsgeschützten Gärten geführt. Auch die Veranstaltungen des Siedlervereins zeigen etwa von der Lebendigkeit des Zusammenlebens.
Vorweg kann man sagen, dass die Bamerger Siedlung wohl diejenige in Deutschland ist, welche den höchsten Grad an Betroffenenbeteiligung realisiert hat: Die Interessengruppe legte die allgemeinen Ziele für das Projekt fest, sie suchte geeignete Grundstücke, sie verhandelte mit der Stadt, sie fertigte Bebauungsvorschläge und schließlich den Bebauungsplan für das endgültige Grundstück, sie ließ große Schaubilder und Modelle zu den verschiedenen Anläufen herstellen, sie organisierte Vortragsveranstaltungen, Seminare und Ausstellungen, sie führte Webemaßnahmen zur Gewinnung weiterer Interessenten für die Siedlung durch, sie entwickelte eine Vereinssatzung und gründete den Siedlerverein, sie finanzierte und baute die Gemeinmschaftsgebäude, sie schloss mit einem Bauträgen einen langfristigen Mietvertrag für den Gemeinschaftsraum ab, sie fertigte den Straßen- und Freiflächenplan, sie stellte eine privatrechtliche Gestaltsatzung auf und führte das dadurch notwendige dreistufige Genehmigungsverfahren für alle Einzelbauvorhaben durch. Seit Fertigstellung der Siedlung werden die Gemeinschaftsanliegen organisiert und die Veranstaltungen z. B. ein jährliches Siedlerfest durchgeführt. Sie macht weiterhin Öffentlichkeitsarbeit und in diesem Rahmen Führungen durch die Siedlung. Ohne ein solches Engagement, besonders durch meinen Bruder Gerhard Henzler, wäre die Siedlung nie zustande gekommen.
Am allgemeinen Tag der „Offenen Gartentür“ beteiligte sich die Siedlung mit einem ungewöhnlich hohen Prozentsatz. Zur Zufriedenheit gehört auch das allgemeine Erscheinungsbild der Siedlung. Das Aussehen der Häuser und besonders die Pflege der Vorgärten, die als Teil der öffentlichen Flächen wirken, zeigen die Liebe zum eigenen Umfeld.
n den ersten Jahren, als es viele kleine Kinder gab, waren die öffentlichen Plätze, auf denen die Kinder spielten, auch Treffpunkt der Erwachsenen. Da die Kinder inzwischen schon meist außer Haus sind, treffen sich die Siedler nun meist im Gemeinschaftsgarten. Die einzelnen Gartenflächen sind nicht durch Zaun voneinander getrennt, und bieten so für die Kommunikation der Siedler untereinander ein gutes Feld.
Neue nötige Strukturen
Alle Dinge, die mit der Gemeinschaft, mit Ökologie und wohngesundem Bauen und mit Nutzung des allgemeinen Grüns zu tun haben, müssen zusätzlich vereinbart werden. Mit der Stadt wurde auch ein Pachtvertrag für den Gemeinschaftsgarten und für Pachtobstbäume im öffentlichen Grün geschlossen.
Nachdem die Politik eine eher behindernde Rolle bei der Entstehung der Siedlung gespielt hat, muss die positive Einstellung der Zeitungen und der Fernsehens heraus gestellt werden. Das begann schon mit der laufenden Berichterstatuung der Lokalpresse bei den Planungsbemühungen. Gleichzeitig liefen schon die Berichte in überregionalen Medien an. Über 200 Seiten in den unterschiedlichsten Medien im In- und Ausland sowie drei Fernsehfilme des öffentlichen Fernsehens befassten sich mit der Siedlung in sehr konstruktiver und förderlicher Weise. Die meisten Journalisten haben die Idee sofort verstanden und konnten sie auch gut darstellen. Diese Erfahrungen zeigen, dass bei ähnlichen Vorhaben gute Kontakte zu den Medien unumgänglich sind.
Vielen Menschen ist es inzwischen wichtig, dass bei Planungen des Lebensraumes nicht nur technische Aspekte berücksichtigt werden. Nach einigen Jahrzehnten, in denen die Wirtschaftlichkeit, die Technik auch die Ökotechnik oder die Funktion im Mittelpunkt standen, wird ein großes seelisches Defizit des Lebensstiles sichtbar. Die Feng Shui Bewegung hat das sichtbar gemacht, auch wenn dieser Ansatz für westliches Empfinden auf die Dauer nicht tragfähig ist. Deshalb ist es nötig aus unserer kulturellen, philosophischen und psychologischen Tradition heraus, neue Grundlagen zu finden. Es wäre ein eigenes Thema, das Bamberger Siedlungskonzept in Bezug auf den Körper – Seele – Geist – Ansatz näher zu behandeln. Hierher gehört auch das Thema „Geschichte und Zukunft des Wohnens. Nähere Angaben dazu finden sich auf meiner Webseite www.ganzheitliche-architektur.de .
Viele Menschen sind mit ihrem Lebensstil unzufrieden und haben momentweise Lust, auszusteigen. Ein Leben mit mehr Natur, mehr Ökologie, mehr Bewegung, mehr Nachbarschaft, mehr soziale Vernetzung, mehr Gesundheitsorientierung, mehr Garten, mehr Lebenskultur, mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten, mehr Stille, mehr Wohnwert durch einen einsichtsgeschützten Innengarten, mehr verantwortliches Handeln für unsere Zukunft, mehr Lebenskultur, mehr Lebenssinn etc.
Menschen, die mit dem Gedanken spielen, auszusteigen, kennen vielleicht Ökodörfer oder träumen sich auf eine Insel. Sie begeistern sich spontan, es kommen aber auch Zweifel: Woher kommt das Geld für die Krankenkasse, für die spätere Rente, für die Ausbildung der Kinder? Mit welchen Mitteln werden Werkzeug, Baumaterial, Möbilität und Weiterbildung bezahlt? Und macht das der Partner alles mit?
Bamberg ist das klassische Modell, das viele alternativen Vorstellungen verwirklicht, ohne dass man aus dem Gesellschaftsverband aussteigen muss. Es ist die Ökosiedlung, die ein alternatives Leben ermöglicht und dennoch voll in unsere Industriegesellschaft passt. Ja es ist sogar als Modell gedacht, wie die Industriegesellschaft langfristig und besser überleben kann. Wer die Ökosiedlung Bamberg kennt, hat ein realistisches Alternativmodell gesehen.
Die Bamberger Siedlung ist ein mit viel Glück entstandener Modellbeitrag mit nachhaltiger Zielsetzung. Sie diente als Vorbild für viele weitere Planungen. Im oberfränkischen Raum entstanden einige Projekte anderer Planer, die von dieser Siedlung angeregt wurden. Ich selbst habe 16 weitere Ökosiedlungen geplant, mit denen ich versucht habe, die Ideen und Erfahrungen von Bamberg weiter zu entwickeln. Die meisten Planungen wurden nicht oder noch nicht realisiert. Im Bau befindet sich aber die Landschaftssiedlung Velburg. In allen Werbeveranstaltungen, Ausstellungen und Prospekten für diese Siedlung dienten Ansichten aus Bamberg als Anschauungsbilder. Die Siedlung in Velburg entwickelt sich entgegen dem sonstigen Trend am Bau recht gut, obwohl sich die Siedlung nicht im unmittelbaren Umfeld von Ballungsräumen befindet und deshalb außerhalb des Siedlungsdruckes liegt. Der Vorteil der dortigen Lage ist die Nähe zur Altstadt und der direkte Anschluss an wertvolle Landschaft, die unter Landschaftsschutz steht.
In etwas stadtnahen Lagen, besonders in der Nähe der großen Ballungsräume würden Projekte ähnlicher Art großen Zulauf finden. Zum Abschluss meines Berichtes über Bamberg zeige ich noch einige Siedlungen, die noch auf Realisation warten oder nicht mehr realisiert werden, um deutlich zu machen, dass jede Siedlung dieser Geisteshaltung aus der besonderen Situation heraus zu einer völlig eigenständigen und unverwechselbaren Form führt. Die Landschaft, die Himmelsrichtung, die Geländebewegung, die örtliche Baukultur, die Vorstellungen der Betroffenen und Behörden und besondere gestalterische Ideen führen zu Konzepten, die nur in den Grundleitlinien mit den vorhandenen Siedlungen vergleichbar sind. Siedlungen ähnlicher Art können an jedem Ort, an dem noch Baubedarf existiert. also besonders in den Ballungsräumen errichtet werden. Wer sich mit solchen Gedanken beschäftigt, kann die Bamberger Siedlung besuchen und wie erwähnt, sogar für einige Zeit dort probewohnen. Zu Beratungen für neue Projekte oder für einen Einstieg in die Velburger Siedlung steht mein Büro gerne zur Verfügung.
Nun gibt es noch einiges zu den Kriterien der Bamberger Ökosiedlung zu sagen. Hier folgt eine Kriterienliste, die das Ergebnis einer Exkursion zu verschiedenen Ökosiedlungen war (Siehe auch "Ökosiedlungen in Bayern").
Wenn Sie Spass daran haben diese Liste auszudrucken, Ihre Gewichtungswertung der einzelnen Kriterien vorzunehmen und sie an mich zurücksenden, würde ich mich darüber freuen. Dieses "Formular" wurde vorerst nur zum ausdrucken und ausfüllen realisiert
Beratzausen November 2004